Die Vorstellung, der Wald sei in erster Linie ein Raum für Ruhe und Erholung vor der Haustür, ist ein romantisches Trugbild. Etwa 11,4 Millionen Hektar – knapp ein Drittel der Gesamtfläche – in Deutschland sind von Wäldern bedeckt. Rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind im Cluster „Forst und Holz“ beschäftigt. Diese erwirtschaften einen Jahresumsatz von etwa 181 Milliarden Euro. Viele Wirtschaftszweige sind direkt oder indirekt vom nachwachsenden Rohstoff abhängig. In der Baubranche erlebt das Material eine Renaissance. Die Energiewende sorgt dafür, dass der Verkauf von Brennholz boomt. Aufgabe der Forstwirtschaft ist es, eine Balance zwischen Nutzen und Bewahren des Waldes zu finden – damit Holz weiter eine gute und nachhaltige Einnahmequelle bleibt.
Welche Bereiche sind vom Holz abhängig?
„Zunächst ist natürlich die Forstwirtschaft zu nennen“, sagt Forstamtsdezernent Dr. Michael Behrndt vom Niedersächsischen Forstamt in Hessisch Oldendorf.
Darunter fallen Berufe wie Förster und Forstwirte, aber auch Büroangestellte in den Forstbetrieben. Zudem nennt Behrndt die Lieferanten und Forstgerätehersteller, die Holzhändler und verarbeitende Betriebe wie Säge- und Furnier-, Zellstoff- und Holzwerkstoffwerke, die Papierindustrie sowie Tischler, Zimmerer, Schiffsbauer und Parkettwerke. Auch Architekten und Ingenieure, die sich mit Holz als Baustoff beschäftigen, können zum Cluster gezählt werden.
Grafik: ka
Wofür sind die Forstämter zuständig?
Den Forstämtern obliegt die Betreuung und Aufsicht der Waldflächen. Das Forstamt in Hessisch Oldendorf verwaltet und bewirtschaftet in den Landkreisen Schaumburg, Hameln-Pyrmont und Holzminden verschiedene Arten von Waldbesitz. Es ist für den Landeswald zuständig, betreut aber auch Flächen von Forstgenossenschaften sowie Privatwälder. „Die machen aber nur einen kleinen Teil unserer Zuständigkeit aus“, sagt Behrndt. Er schätzt, dass 60 Prozent – 10 000 Hektar – der Wälder zu Forstgenossenschaften gehören und etwa 40 Prozent – 8000 Hektar – Landeswald sind.
Behrndt ist es wichtig hervorzuheben, dass der Wald auch „ein Betrieb und eine Einnahmequelle“ ist. Forstbetriebe seien in erster Linie Wirtschaftsunternehmen, sagt er. Damit sie funktionsfähig bleiben, ist Holz der wichtigste Faktor. Eine deutlich geringere Rolle spielen die Jagd und Nebennutzungen wie der Verkauf von Weihnachtsbäumen. Auch wenn sich Natururlaub in Deutschland immer mehr etabliert: Tourismus ist bislang keine wirkliche Einnahmequelle für Forstbetriebe. Ähnlich sieht es im Bereich Naturschutz aus, sagt Behrndt. „Auch dort gibt es durchaus Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Aber sie werden bislang nicht genutzt.“
Foto: dpa
Das Forstamt sieht sich primär als Dienstleister. Dennoch stellt Behrndt klar: „Im weitesten Sinne geht es immer um den Erhalt des Waldes.“ Das sei zentrales Wesen der Forstwirtschaft; Stichwort Nachhaltigkeit. „Schließlich sind die Forstbetriebe auf eine Regelmäßigkeit bei den Einnahmen angewiesen“, sagt er. Im Zuständigkeitsbereich des Forstamts verläuft die Erneuerung der Wälder vornehmlich auf natürliche Art über die Naturverjüngung. Nur in wenigen Gebieten wird gezielt Anpflanzung betrieben. „Bei der Naturverjüngung braucht man immer Bäume darüber, um die jungen Pflanzen zu schützen“, erklärt Behrndt. Ein Ziel sei es, die Nadelholzbestände mit Laubholz anzureichern.
Eine Tatsache sollte allen bewusst sein, die sich in die Wälder begeben, meint Behrndt: „Die Vielfalt der Wälder ist immer das Ergebnis menschlichen Handelns.“ Alles sei auf die eine oder andere Art und Weise „produziert und gemacht“, unterstreicht der Experte. Der Wald ist nun mal mehr als ein Erholungsgebiet.
Was passiert mit dem Holz?
Die Nachfrage nach Brennholz hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. „Dieser Bereich ist immer wichtiger geworden“, sagt der Forstamtsdezernent. Inzwischen liege der Preis für Brennholz durchschnittlich bei 65 bis 70 Euro pro Raummeter. Ein wesentlicher Grund für den Anstieg sei die eingeleitete Energiewende und die damit gestiegenen Energiekosten, die die Preise in die Höhe treiben. Behrndt mahnt jedoch, dass die Forstämter den Boom im Brennholzsektor ab einem bestimmten Punkt „einbremsen“ müssten. Der einfache Grund: „Bäume legen keine Nachtschicht ein“, erklärt Behrndt.
Nicht nur als Brennstoff ist Holz sehr beliebt. Auch im Wohnungsbau sowie bei der Herstellung von Möbeln erfreut es sich einer hohen Nachfrage – die aufgrund der technischen Entwicklungen und des Rohstoffpotenzials weiter steigen wird. „Man bemüht sich stark um Holz“, sagt Behrndt. Im klassischen Bereich seien die Holzpreise auf einem „ziemlich transparenten Markt“ seit Jahren konstant. Zufrieden ist der Experte mit den Nadelholzpreisen – im Durchschnitt 90 Euro pro Festmeter – die sich nach dem Preisverfall durch den Orkan Kyrill im Jahr 2007 „mittlerweile erholt“ hätten.
Auch bei den Laubhölzern ist die Nachfrage auf dem Markt gut. Als „unbefriedigend“ stuft Behrndt jedoch die erzielten Preise bei der Buche ein, der Hauptbaumart in den Wäldern des Weserberglands. Für einen Festmeter der oberen Kategorie erhält das Forstamt im Schnitt 75 bis 95 Euro. Qualitativ sehr gutes Buchenholz erzielt mitunter Preise von 120 bis 130 Euro. Doch das passiert eher selten. „Wir empfinden die Buchenpreise als zu niedrig“, sagt er. Immerhin sei der Bestand 120 bis 140 Jahre gepflegt worden, bevor er geerntet werde.
Die Holzpreise in Niedersachsen bewegen sich seit Jahren auf relativ konstantem Niveau. Für Belebung sorgte 2005 die Inbetriebnahme eines Zellstoffwerks im Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt). Zellstoff ist ein wichtiger Rohstoff zur Papierherstellung.
In Stendal werden jährlich bis zu vier Millionen Kubikmeter Kiefern- und Fichtenholz verarbeitet. Zum Vergleich: Vier Spanplattenwerke nutzen pro Jahr etwa eine Million Kubikmeter Holz, berichtet Frank Haufe von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „Die Eröffnung hat zu einem Kampf ums Produkt im Bereich von Industrieholz geführt. Anschließend musste bei den höherwertigen Hölzern mitgezogen werden“, erklärt der Fachbereichsleiter. Zudem habe der Export von Holz zugenommen.
Grafik: ka
Auch bei der energetischen Nutzung ist ein Anstieg zu verzeichnen, sei es über mit Holz befeuerte Heizkraftwerke, Pellets und Hackschnitzel oder Kaminholz. Nur bei der Buche sinken die Preise leicht – doch das ändert sich möglicherweise bald. 2014 wurde im Laubholzsägewerk in Creuzburg (Thüringen) ein neues Verfahren zur Herstellung von Furnierschichtholz aus Buche für tragende Anwendungen vorgestellt. „Damit sind höhere Einschnitte möglich. Zudem ist Buchenholz stabiler und besitzt eine hohe Biegefestigkeit“, erklärt Haufe. Das neue Verfahren sehr sei erfolgreich und sorge für einen Wandel auf dem Holzmarkt.
Der größte Teil des geschlagenen Holzes bleibt in Deutschland und wird hier weiterverarbeitet. Viel Nadelholz aus dem Weserbergland landet traditionell in Westfalen, weil es nur wenige spezialisierte Sägewerke gibt. Doch auch im Ausland wird Holz aus Deutschland oft nachgefragt. Bei den Exporten ist China mit weitem Abstand der größte Abnehmer. In die benachbarten EU-Länder wie Polen und Tschechien fahren ebenfalls viele Holztransporte. „Kleinere Mengen gehen nach Vietnam und Indien. Sie werden aber nicht direkt vermarktet“, sagt der Forstamtsdezernent.
Was passiert mit der Fichte?
Die Fichte gehört zu den beliebtesten Baumarten, speziell im Bausektor. Dort erlebt der Baustoff Holz seit einigen Jahren so etwas wie eine Renaissance – nicht zuletzt aufgrund der herausragenden Ökobilanz. Die Fichte hat in der letzten Dekade an Vorrat und Fläche deutlich abgenommen. Dies entspricht der waldbaulichen und forstpolitischen Zielsetzung.
Nach den Sturmkatastrophen in den frühen 1990er Jahren, bei denen großflächig Fichtenwälder zerstört wurden, hatte die Politik damit begonnen, die Umwandlung nicht standortgerechter Fichtenreinbestände in stabilere und naturnähere Mischbestände oder Laubwälder zu fördern. Durch den Klimawandel könnte sich diese Entwicklung weiter fortsetzen, da die Fichte unter den Baumarten in Deutschland als besonders anfällig gilt.
Momentan zählt die Fichte noch zu den wichtigsten Faktoren bei der Wertschöpfung in der Forst- und Holzwirtschaft. Auch wenn sie nur 25 Prozent der Waldflächen und 33 Prozent des Holzvorrats ausmacht, zeichnete sich die Fichte in den vergangenen zehn Jahren doch für 52 Prozent des Holzaufkommens verantwortlich. „Geht die Fichte weiter zurück, droht eine wichtige Säule der Wertschöpfung der Forst- und Holzwirtschaft und den nachgelagerten Bereichen wegzubrechen“, heißt es dazu im Bericht der dritten Waldinventur von Bund und Ländern.
Foto: ka
Denn die anderen Baumarten sind in ihren Eigenschaften nicht vergleichbar und als Massenprodukte im Baubereich bislang kaum konkurrenzfähig. Bei der Suche nach Alternativen wenden sich die Verantwortlichen seit einiger Zeit immer mehr der Douglasie zu. Die ursprünglich aus Nordamerika stammende Nadelbaumart ist in ihren Eigenschaften mit der Fichte vergleichbar. Zudem wird sie die Klimaveränderungen vermutlich besser vertragen und könnte damit einen Beitrag zur nachhaltigen Zukunftssicherung der Wälder leisten. at
Wie schnell wachsen die Bäume?
Die Fichte erreicht bereits nach 70 bis 80 Jahren ihre Erntereife. Aufgrund ihres geraden Stammes und der wenigen Äste ist sie in der Holzindustrie sehr beliebt und wird wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung mitunter als „Brotbaum“ bezeichnet. Ihr Brusthöhendurchmesser – der Durchmesser des Stamms in einer Höhe von 1,30 Meter – beträgt bei Hiebsreife etwa 45 Zentimeter. Noch schneller als die Fichte schießt die Douglasie in die Höhe. „Es gilt: Nadelbäume wachsen schneller als Laubbäume“, erklärt der Forstamtsdezernent. Mehr Zeit braucht die Eiche, sie wächst am langsamsten. Die Buche ordnet sich im unteren Mittelfeld des Rankings ein. „Bis die Buche hiebsreif ist, kann man die Fichte zweimal anpflanzen“, sagt Behrndt.
Grafik: ka
Welcher Baum ist am gefragtesten?
Bei der Holzvermarktung orientieren sich die Händler auch an Modetrends. So werden Edelhölzer wie Kirsche und Ahorn momentan wenig nachgefragt. Beliebt seien hingegen dunkle Arten wie Nussbaum, Esche – die färbbar ist – oder auch Eiche, erzählt Behrndt. In der Industrie sind hingegen Nadelbäume die Verkaufsschlager. Und welches Holz ist am teuersten? „Edelhölzer erreichen über 1000 Euro pro Festmeter“, sagt Behrndt. Solche Spitzenpreise werden vornehmlich im Furnierbereich erzielt.
Ein Multimedia-Projekt der Dewezet
© 2015 Deister- und Weserzeitung Hameln
Text: Andreas Timphaus
Grafiken: Karsten Seele
Fotos: Pixabay, dpa
Multimediale Aufbereitung: Nicole Trodler